Modellierung menschlicher Herzzellen ist zuverlässiger als Tierversuche

Die Vorhersage von Kardiotoxizität ist in der Medikamentenentwicklung ein entscheidender Faktor. Jedes Jahr werden Hunderttausende Tiere eingesetzt, um die Toxizität von neuen Medikamenten vor Beginn der klinischen Studien abzuschätzen. Das Risiko von Herzschäden wird unter anderem in Versuchen an Nagetieren, Kaninchen, Hunden und Affen untersucht. Trotz dieser präklinischen Studien mussten schon viele Medikamente wieder vom Markt genommen werden, weil sie Herz-Kreislauf-Probleme verursachen.

Die mangelnde Zuverlässigkeit dieser Versuche hat ein Team der Fakultät für Informatik der Universität Oxford (UK) veranlasst, eine Alternative zu den Tierversuchen zu entwickeln. Ihre Software Virtual Assay, die menschliche Herzzellen modelliert, kann die Kardiotoxizität von Medikamenten vorhersagen.

Die Forschenden haben Tausende von Simulationen durchgeführt, um die Wirkung von 62 Referenzverbindungen in unterschiedlicher Konzentration zu untersuchen. Virtual Assay konnte in 89 Prozent der Fälle das Risiko von Herzrhythmusstörungen beim Menschen korrekt prognostizieren. Bei Tierversuchen liegt dieser Anteil nur bei 75 Prozent.
Die im September 2017 in der Fachzeitschrift Frontiers in Physiology veröffentlichten Ergebnisse (1) wurden am 12. März 2018 mit dem internationalen NC3Rs-Preis ausgezeichnet, der vom britischen National Centre for the Replacement Refinement & Reduction of Animals in Research (2) vergeben wird.

Die ausgezeichneten Resultate der Software Virtual Assay vermochten bereits Pharmaunternehmen wie Merck und Janssen zu überzeugen. Nach diesem Erfolg hat das Forschungsteam nun auch mit Simulationen im Bereich der Diabetes-Typ-II- und der Schmerzforschung begonnen.

(1) Human In Silico Drug Trials Demonstrate Higher Accuracy than Animal Models in Predicting Clinical Pro-Arrhythmic Cardiotoxicity
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5601077/