Entstehung der Bewegung gegen die Vivisektion

Entstehung der Bewegung gegen die Vivisektion

Die Bewegung gegen die Vivisektion entstand Ende des 19. Jahrhunderts in England. In der damaligen Zeit war die Vivisektion weit verbreitet. Die angelsächsische Forschung war jedoch stark von der naturalistischen Strömung beeinflusst, die so renommierte Forscher wie Charles Darwin (1809 – 1882) anregten. Die Versuche betrafen hauptsächlich Verhaltensanalysen in natürlicher Umgebung und Studien der vergleichenden Anatomie.

Das europäische Festland hingegen erlebte, wie die Vivisektion insbesondere in Frankreich und Deutschland zunahm. 1865 trug die Herausgabe des Buchs Introduction à l’étude de la médecine expérimentale von Claude Bernard (1813 – 1878) dazu bei, dass die Physiologiestudien als eigenständige Disziplin einen Aufschwung erlebten. Claude Bernard legte die Grundlagen für die so genannte „moderne“ Forschung und verbreitete auch die Durchführung der schlimmsten Versuchspraktiken. Bei den Opfern, die in seinem Keller gefoltert wurden, handelte es sich hauptsächlich um streunende Hunde und Katzen aus dem Quartier. Die Versuche des Mediziners waren so grausam, dass seine Frau und seine beiden Töchter die Vivisektion später bekämpften.

Im Jahr 1874 brach in London bei einer öffentlichen Demonstration anlässlich der jährlichen Versammlung des Britischen Ärzteverbands (British Medical Association) ein Streit aus, nachdem zwei Hunden Absinth injiziert wurde. Ein Teil der Bevölkerung war entsetzt über den Versuch, über den die Presse berichtete. Zahlreiche Tierschützer verliessen die königliche Gesellschaft zur Verhütung von Grausamkeiten an Tieren (RSPCA), die sich nicht gegen die Vivisektion gestellt hatte, und gründeten 1875 die National Anti-Vivisection Society (NAVS). Diese bekämpfte als erste Organisation die Vivisektion.
Nach zahlreichen Polemiken und aufgrund des Drucks, den das Volk ausübte, verabschiedete das englische Parlament 1876 den Cruelty to Animals Act, erster Gesetzestext für Tierversuche.

 

Gründung der Schweizer Liga gegen Vivisektion(LSCV)

Im Oktober 1876 nahm das neue Gebäude der medizinischen Fakultät in Genf seine ersten Studierenden auf. Die Ernennung von Moritz Schiff, der bis anhin Physiologie-Professor an der Universität in Florenz gewesen war, sorgte für einen Skandal. Die italienische Presse berichtet, dass der Tierschutzverein in Florenz den Abgang des Professors feierte, „der für seine Vivisektions-Versuche so viele Hunde quälte.“
Am 21. Dezember 1876 erklärte sich der Genfer Tierschutzverein (SPA) einverstanden, Moritz Schiff und verschiedene Vertreter der Universität zu treffen. Nach dem Gespräch stellte sich die SPA nicht mehr gegen die an der medizinischen Fakultät betriebenen Tierversuche.
Im Jahr 1883 traten Mitglieder der SPA zurück, die nicht mehr länger schweigen wollten, und gründeten die Genfer Liga gegen Vivisektion. Ihr Tätigkeitsbereich erstreckte sich allmählich über die ganze Schweiz. Am 30. Juni 1978 verabschieden die Mitglieder der Genfer Liga an ihrer Generalversammlung neue Statuten und setzen fortan ihre Aktivitäten unter dem Namen Schweizer Liga gegen Vivisektion und für die Rechte des Tieres fort.

„Man betonte insbesondere gewisse Unterschiede, die aus toxischer oder therapeutischer Hinsicht zwischen dem Menschen und den Tieren bestehen. Man hat gesagt: Wie will man eine Schlussfolgerung ziehen, wenn es Substanzen gibt, die für bestimmte Tiere giftig, für andere aber völlig harmlos sind, und wenn andere Substanzen den Menschen vergiften, die Tiere aber nicht. Diesbezüglich zitierte man die Igel, die durch Blausäure nicht vergiftet werden, die Ziege, die Belladonna frisst, die Schafe, die riesige Arsendosen zu sich nehmen, die Kröten, die sich mit ihrem Gift selber nicht vergiften, die elektrischen Fische, welche die Elektrizität nicht spüren, und die Meeresfische, die keinen Einfluss des Salzes wahrnehmen. All diese Dinge sind als Erklärung falsch. Wenn man dies zugeben würde, wäre die Wissenschaft unmöglich.“

Grundlagen der experimentellen Medizin (Kapitel 15)
Claude Bernard, der die Grundlagen der «modernen» Forschung schuf