Tierversuche für Kosmetik-Tests in der Schweiz – Strafanzeige der Schweizer Liga gegen Vivisektion gegen die Behörden der Kantone Aargau und Basel-Stadt sowie das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET)

Gesetzesverstösse ohne jegliche Sanktion

Nach einem fünfmonatigen Verfahren hat der Staatsanwalt von Lenzburg-Aarau (AG) sein Urteil gesprochen. Er räumte einen Verfahrensfehler ein. Der Kantonale Veterinärdienst Aargau hatte eine Bewilligung für Tierversuche erteilt, um einen UV-Filter zu testen, ohne dass eine Kommission ihr Gutachten dazu erteilt hatte.
Böse Absichten werden niemandem unterstellt. Der Kantonsveterinär von Basel-Stadt, der beschuldigt wurde, das Gesuch für Tierversuche der Kommission absichtlich unterschlagen zu haben, stützt sich auf eine Bestimmung des kantonalen Reglements, welches seit 1997 gegen das Gesetz verstösst. Während dieser ganzen Zeit hatte nie eine Instanz auf die Unrechtmässigkeit des Verfahrens hingewiesen.
Der Aargauer Kantonsveterinär hatte einfach seine Bewilligung erteilt, nachdem er die Zustimmung seines Basler Amtskollegen erhalten hatte. Auch er war somit unschuldig.
Dem BVET kann man nicht vorwerfen, die erteilte Bewilligung nicht angefochten zu haben, da es weder etwas weiss noch etwas hört. Obwohl es den Inhalt des Basler Reglements gutgeheissen hat, wusste es nicht, ob dieses angewandt würde.
Kurz und gut – da alle Parteien angekündigt haben, die Gesetzgebung künftig einhalten zu wollen, sind für den Staatsanwalt die Fehler nicht schwerwiegend genug, um eine Sanktion zu rechtfertigen.

Nach dem Fall von Dr. Bize, wo nur er als Forscher verurteilt wurde, weil er bei seinen Versuchen an Vögeln in Solothurn gegen den Tierschutz verstossen hatte, kommen auch im aktuellen Fall die Verwaltungsbehörden glimpflich davon. Eigentlich kann es uns egal sein, ob die eine oder andere strafrechtlich verfolgte Behörde verurteilt wird oder nicht. Das Problem liegt eher bei der alarmierenden Feststellung, dass die Behörden, welche für die Anwendung der Gesetzgebung zu sorgen haben, selber nicht in der Lage sind, die entsprechenden Bestimmungen einzuhalten.
Das Gutachten einer Kommission? Wen interessiert das schon, es hat ja nur eine beratende Funktion. Im Endeffekt hat die kantonale Behörde freie Bahn, um ihre Bewilligungen zu erteilen. Und in einem Kanton wie Basel-Stadt, in dem die Pharmaindustrie einen wichtigen finanziellen Beitrag leistet, ist die Lage noch viel bequemer.

Anlässlich der Revision des Tierschutzgesetzes (TSchG) im Frühling 2012 weigerte sich das Parlament, den Tierschutzorganisationen ein Verbandsbeschwerderecht einzuräumen. Dies wurde damit begründet, das dem BVET eingeräumte Beschwerderecht reiche aus.
Somit wird es noch einige Zeit dauern, bis die Kantone nachweisen müssen, dass die erteilten Bewilligungen rechtmässig sind. Die unnötigen und skandalösen Tierversuche werden also noch eine ganze Weile anhalten.

„Eine der weltweit fortschrittlichsten Gesetzgebungen“

Anlässlich der Veröffentlichung der Tierversuchsstatistiken 2011 am 26. Juni 2012 schreckte das BVET nicht davor zurück, seine gewohnten Plattitüden von sich zu geben:
„Die Schweizer Tierschutzgesetzgebung ist weltweit eine der fortschrittlichsten. Für sämtliche Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken ist bei den kantonalen Behörden ein Gesuch einzureichen. Darin müssen die Forschenden begründen und belegen, dass die Vorteile, welche die Gesellschaft aus den Tierversuchen zieht, die Nachteile durch das Leiden der Tiere während des Versuchs überwiegen. Diese Gesuche werden von einer kantonalen Tierversuchskommission beurteilt, die aus Spezialisten und Tierschützern besteht. Das Bundesamt für Veterinärwesen (BVET) übt die Oberaufsicht aus und hat das Beschwerderecht gegen die kantonalen Bewilligungen».
Merkwürdig? Nicht unbedingt. Die Behörden und Forschungskreise berufen sich nämlich auf das Vorhandensein dieser aus Tierschützern bestehenden „Super-Kommissionen“, um der Bevölkerung zu versichern, dass alles unter Kontrolle und für die medizinische Forschung absolut notwendig ist.

Was die Weiterführung der Toxizitäts-Tests für die UV-Filter anbelangt, erklärte das BVET, dass „deren Nutzen für die Gesundheit unbestritten ist (…) Diese bereits im Vorjahr begonnenen Versuche zur Verteilung der UV-Filter im Körper von Ratten wurden 2011 weiter geführt.“
Ein unbestrittener Nutzen für die Gesundheit? Während des gesamten Verfahrens hatte die LSCV auch nicht die geringste Information erhalten, die den tatsächlichen Nutzen dieser Tests im Vergleich zu den 28 Filtern bescheinigte, die bereits bestehen und innerhalb der EU bei der Zusammensetzung von Kosmetikprodukten zugelassen sind.

Trotzdem einige Fortschritte

Die in den Kantonen Aargau und Solothurn eingereichten Strafanzeigen waren nicht vergeblich. Erstens für das BVET, welches vom 3. September bis am 3. Dezember 2012 die revidierte Tierschutzverordnung (TSchV) in die Vernehmlassung schickte. Ihr Zusatz von Absatz 4abis zu Art. 145 wird die Kantone dazu zwingen, den erteilten Bewilligungen das Gutachten der kantonalen Kommissionen beizulegen. Zudem werden die Kantone angeben müssen, ob sie sich an das Gutachten der Kommission gehalten haben oder nicht. Das BVET strebt eine korrekte Information an, um sein Beschwerderecht geltend machen zu können.
Zweitens verabschiedeten die Eidgenössischen Räte im Juni 2012 das revidierte Tierschutzgesetz (TSchG). Zu den Fortschritten im Bereich der Tierversuche gehört die elektronische Zentralisierung aller Verfahren im Zusammenhang mit Tierversuchen. Gemäss dem neuen Art. 20c haben die Mitglieder der kantonalen Kommissionen Einsicht in die Daten. Aufgrund dieses Zugangs zur Datenbank dürften die Kommissionen von den Kantonsbehörden künftig nicht mehr einfach beiseite geschoben werden. Kommissionsmitglieder können durch Abfragen dieser Datenbank nach Informationen über ähnliche Versuche aus anderen Kantonen wie jene die sie gerade begutachten suchen. Dasselbe gilt für Informationen über Bedingungen und andere Daten, welche die Kommissionen übermitteln. In Hinblick auf eine transparente Umsetzung der Gesetzgebung stellt dies einen klaren Fortschritt dar.

 

Chronologie

29.09.2010: Das Kantonale Veterinäramt Aargau erteilt einem privaten Labor eine Bewilligung, um an Tieren die Toxizität eines neuen UV-Filters zu testen.

05.07.2011: Das BVET veröffentlicht die Tierversuchsstatistiken 2010. Es lässt verlauten:
«Erstmals seit langem wurden 2010 für Tests im Bereich Kometika wieder Tiere eingesetzt».
Der Presse kann man entnehmen, dass gemäss dem BVET 4 Nagetiere «für toxikologische Tests eines neuen UV-Filters in einer Sonnenschutzcrème» verwendet wurden. Die Versuche seien bewilligt worden, weil «der Schutz gegen UV-Strahlen ein Thema der öffentlichen Gesundheit» darstelle.

26.07.2011: Die LSCV wendet sich bezüglich der Rechtfertigung der Tierversuche für Kosmetik an das BVET: „Wenn es nur darum ging, die Toxizität eines UV-Filters zu testen, war dieser Versuch dann aufgrund von Art. 17 und Art. 19, Abs.4 TSchG gerechtfertigt? Inwiefern unterscheidet sich der UV-Filter von denen, die im Handel bereits vertrieben werden, oder inwiefern ist er von grösserem Nutzen (TSchV, Art. 137, Abs. b)? Hat die Tierversuchskommission des entsprechenden Kantons für diesen Versuch ein positives Gutachten erteilt?“

23.08.2011: Wir erhalten die Antwort vom BVET: «Das schweizerische Tierschutzgesetz ist weltweit eines der besten. Tierversuche sind darin streng reglementiert. Jeder Tierversuch wird von einer kantonalen Kommission begutachtet. Die Forscher müssen beweisen, dass der Nutzen für die Gesellschaft grösser ist als die den Tieren während der Versuche zugefügten Schmerzen (Güterabwägung). Eine Bewilligung wäre nicht ausgestellt worden, hätte es sich um eine «rein kosmetische» Studie gehandelt. Die Tatsache, dass mehrere Instanzen an einer Bewilligung beteiligt sind, gewährleistet die gegenseitige Kontrolle».
Vom BVET erfahren wir ebenfalls, dass der Versuch vom Kanton Aargau bewilligt wurde und, dass bis 2013 weitere Tiere in dieser Versuchsreihe verwendet würden.

24.08.2011: Die LSCV wendet sich erneut ans BVET. Sie bedauert, dass die Bundesbehörde keine stichhaltige Antwort liefert und es somit „nicht möglich ist, zu wissen, ob diese Versuche der Gesetzgebung (TSchV, Art. 147, Abs. 1) entsprechen. Zu wissen, ob der getestete Filter anders oder von grösserem Nutzen ist als diejenigen, die im Handel bereits vertrieben werden, verstösst nicht gegen den Datenschutz. Die Frage betrifft die Begutachtung und Güterabwägung dieses Gesuchs und keine Informationen über die chemische Zusammensetzung der zu testenden Substanz oder dem Unternehmen, welches diese Tests in Auftrag gab. Da das BVET gegen die von der Aargauer Behörde erteilte Bewilligung keinen Rekurs eingereicht hat, ist davon auszugehen, dass es die Bewertung dieses Kantons ebenfalls unterstützt. Das BVET kann die geforderten Informationen somit liefern.“
Darüber hinaus fordert die LSCV erneut eine Bestätigung, dass die kantonale Kommission das Gesuch positiv beurteilt hat.

16.09.2011: Antwort des BVET. Dieses erklärt, die gesetzlichen Bedingungen für die Erteilung einer Bewilligung seien erfüllt. «Bei der Durchführung dieses Versuchs werden die internationalen Richtlinien (OECD 417) eingehalten. Die Güterabwägung gemäss Art. 19, Abs. 4 TSchG erfolgte gewissenhaft und wurde auf verständliche Weise verfasst». Das BVET wisse nicht, ob das Gesuch an die entsprechende kantonale Kommission weitergeleitet worden sei. Es gehe jedoch davon aus, «dass der Kanton den Empfehlungen der zuständigen Kommission folgt und aufgrund dessen entscheidet.“

02.11.2011: Die LSCV wendet sich an die Kantonstierärztin, Dr. Erika Wunderlin. Sie soll bestätigen, dass das Gesuch der kantonalen Kommission unterbreitet worden sei, „wie dies Art. 18 und 34 TSchG fordern“.

04.11.2011: In ihrer Antwort hält Frau Dr. vet. Erika Wunderlin fest, dass die Kantone Basel-Stadt, Basel-Land und Aargau über eine gemeinsame Kommission verfügen.
Die Gesuche werden von der Behörde des Kantons Basel-Stadt bearbeitet, welche über die Weiterleitung an die Kommission entscheidet. Da der Artikel 5, Absatz 3 des Reglements der Kommission für Tierversuche bestimmt, dass gesetzlich vorgeschriebene Gesuche direkt vom Veterinäramt bewilligt werden können, wurde das Gesuch keiner weiteren Kommission vorgelegt. Dr. Wunderlin begründet ihre Entscheidung damit, dass diese Versuche als unerlässlich betrachtet worden wären: «(…) Die Entwicklung hochwirksamer UV Filter mit möglichst geringen Nebenwirkungen ist von hoher Relevanz für die Vermeidung schwerwiegender Krankheiten».

28.11.2011: In unserer Antwort an Frau Dr. vet. Erika Wunderlin weisen wir darauf hin, dass die Unterbreitung eines Gesuchs an eine kantonale Tierversuchskommission gemäss Artikel 18, Paragraph 3 des TSchG eine gesetzliche Notwendigkeit ist und keine Ausnahmen vorsehen würde. Somit verletzt die kantonale Behörde eine Gesetzesverordnung.
Die Bewilligung für diese Tierversuche ist zudem schockierend, da in der gesamten Europäischen Union solche Experimente verboten sind. „Wir sind der Ansicht, dass dieses Verbot hauptsächlich dazu dient, die Firmen und Staaten dazu zu bewegen, mehr Mittel in die Entwicklung tierversuchsfreier Testmethoden fliessen zu lassen. Damit könnten zum Beispiel In-vitro Testmethoden in der Toxikokinetik mittels menschlichem Gewebe oder Computersimulation entwickelt werden, damit auf absurde Tests an Ratten verzichtet werden kann.
Das Risiko, dass solche Tests ins Ausland verlegt würden ist auch nur gering, da die Europäischen Richtlinien ein Importverbot ab 2013 für solche, an Tieren getesteten Substanzen vorsieht. Mit einer Ausnahmebewilligung unter dem Vorwand der Volksgesundheit unterstützt der Kanton Aargau hauptsächlich Firmen die vom aktuellen System profitieren und die in ihren Labors Versuche an Tieren durchführen die unsere europäischen Nachbarn verboten haben. Das ist sehr schockierend“.
Die LSCV weist auch darauf hin, dass bei der Zusammensetzung neuer Kosmetikprodukte im Rahmen der EU bis anhin 28 UV-Filter zugelassen sind. «Wir haben dem BVET die Frage nach dem Vorzug dieses neuen UV-Filters im Vergleich zu den bereits existierenden gestellt. Mit Schreiben vom 16. September 2011 teilte uns das BVET mit, dass «die Güterabwägung gemäss Art. 19, Absatz 4 des TSchG gewissenhaft erfolgte und auf verständliche Weise verfasst wurde». Laut Ihrem Schreiben dürfte der neue Filter «hochwirksam» sein und «möglichst geringe Nebenwirkungen» aufzeichnen. Wir würden gerne vom Inhalt der Güterabwägung wie sie dem BVET vorgelegt wurde, Kenntnis nehmen“.

06.12.2011: Keine Antwort von Dr. Erika Wunderlin. Die LSCV beauftragt Rechtsanwalt Mathias Reinhart, gegen folgende Personen eine Strafklage einzureichen:
1) Dr. Erika Wunderlin, Aargauer Kantonsveterinärin, weil diese ohne Gutachten der Kommission eine Bewilligung für einen Tierversuch erteilt hat;
2) Dr. Walter Zeller, Kantonsveterinär Basel-Stadt, weil dieser der Kommission das Gesuch absichtlich unterschlagen hat;
3) Dr. Josef Schmidt, Vizedirektor des BVET, weil dieser gegen die vom kantonalen Veterinäramt erteilte Bewilligung keinen Rekurs eingereicht hat.

20.12.2011: Medienmitteilung der LSCV, welche die Gesetzesverstösse der Kantons- und Bundesbehörden anprangert und die entsprechenden Strafanzeigen ankündigt. Zudem fordert sie, die erteilte Bewilligung als ungültig zu erklären, damit die Tierversuche für UV-Filter unverzüglich eingestellt werden.

21.12.2011: Das Veterinäramt des Kantons Basel-Stadt beruft die Kommission umgehend ein. Sie unterbreitet ihr das Gesuch zu den Tierversuchen für UV-Filter, damit die Kommission ein Gutachten erstellt.

06.01.2012: Die LSCV reicht bei der Aargauer Staatsanwaltschaft eine Strafklage gegen Erika Wunderlin, Walter Zeller und Josef Schmidt ein.

06.01.2012: Die LSCV reicht beim Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement (EVD) eine Beschwerde ein. Sie fordert die Einleitung eines administrativen Verfahrens gegen Josef Schmidt, Vizedirektor des BVET, da dieser gegen die vom Kantonalen Veterinärdienst Aargau erteilte Bewilligung keinen Rekurs eingelegt hat. Die LSCV weist darauf hin, es sei unterlassen worden, das Gesuch für Tierversuche einer kantonalen Tierversuchskommission für ein entsprechendes Gutachten zu unterbreiten. Der unterlassene Rekurs sei umso schädlicher, da der Versuch die Verwendung von Tieren für Kosmetikstudien betreffe, die innerhalb der Europäischen Union streng verboten seien.

11.01.2012: Der Bund und der Kanton Aargau bestätigen die Strafanzeige der LSCV, die von der Aargauer Staatsanwaltschaft unter der Nummer 2012.277 registriert wird.

01.03.2012: Der Rechtsdienst des Aargauer Departements Gesundheit und Soziales teilt der LSCV mit, ihr Antrag auf eine Einstellung der Versuche sei abgelehnt worden. Die meisten Mitglieder der Kommission hätten den Versuch im Januar 2012 rückwirkend bewilligt. Zudem teilen die Kantonsbehörden mit, seit dem 1. Januar 2012 würden die gesamten Gesuche für Tierversuche der Kommission unterbreitet, wie dies die Gesetzgebung verlangt.

09.05.2012: Antwort des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD). Dieses teilt mit, es habe das BVET zur einer Stellungnahme bezüglich der Beschwerde aufgefordert. Das EVD gibt zu, das Gesuch hätte einer Kommission unterbreitet werden müssen. Das BVET müsse darauf achten, dass die Gesetzgebung im Tierschutzbereich von allen Kantonen einheitlich angewendet werde (Art. 208, Abs. 1, TSchV). Das BVET habe aber mitgeteilt, wenn es von den Kantonen erteilte Bewilligungen erhalte, habe es keine Kenntnis über die Beschlüsse der kantonalen Kommissionen. Deshalb verfüge es über keinerlei Indizien, die ihm nahelegen würden, dass die entsprechende Kommission nicht in das Bewilligungsverfahren einbezogen worden sei. Nach einem Briefwechsel mit der LSCV habe das BVET mit dem Kantonalen Veterinärdienst Aargau Kontakt aufgenommen und diesen auf die Unregelmässigkeiten bei seinen Verfahren hingewiesen. Man könne dem BVET somit keinen mangelnden Einsatz vorwerfen.

10.05.2012: Der Rechtsanwalt der LSCV antwortet dem EVD, seine Stellungnahme, in der es das BVET von seiner Verantwortung entbinde, erfolge verfrüht. Die Strafanzeige der LSCV sei beim Aargauer Staatsanwalt immer noch hängig. Bei einer Verurteilung von Dr. Schmidt müsse ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Die Tatsache, dass ein Reglement auf eine allfällige Revision hin überprüft werde, ändere nichts daran, dass während mehreren Jahren illegale Beschlüsse gefällt worden seien, ohne dass das BVET eingegriffen habe.
In seinem Schreiben weist der Rechtsanwalt auch auf das Verfahren hin, welches die LSCV im Jahr 2008 lanciert hatte. Darin habe sie die Haltung des BVET bereits in einem Fall in Frage gestellt, in dem der Kanton Solothurn eine Bewilligung erteilt habe, ohne dass der entsprechende Versuch einer Kommission für ein Gutachten vorgelegt worden sei. Es sei untragbar, dass das BVET seine Aufsichtsweise nach diesem Fall nicht angepasst habe.

10.05.2012: Der Rechtsanwalt der LSCV wendet sich erneut an die Aargauer Staatsanwaltschaft, mit der Forderung, die vor vier Monaten eingereichte Strafanzeige vorrangig zu behandeln.

16.05.2012: Die Aargauer Staatsanwaltschaft fällt ihren Beschluss. Sie räumt einen Verfahrensfehler ein, da die Kommission vor der Erteilung der Bewilligung durch die Kantonsbehörde kein Gutachten geliefert habe. Da die Kommission anschliessend jedoch ein positives Gutachten erstellt habe, habe die Behörde das Gesuch korrekt beurteilt. Zudem verfüge die Kommission weder über ein Vetorecht, noch könne sie gegen eine Bewilligung der kantonalen Behörde Rekurs einlegen. Ihre Entscheidung hätte den Behördenbeschluss somit nicht beeinflussen können.
Die Staatsanwaltschaft ist von den Anschuldigungen gegen Dr. Erika Wunderlin und Dr. Walter Zeller nicht überzeugt. Sogar ein negatives Gutachten der Kommission hätte sich nicht auf die Erteilung der Bewilligung ausgewirkt. Wie das Schreiben des EVD vom 9. Mai 2012 gezeigt habe, habe Dr. Schmidt nicht wissen können, ob das Gesuch für Tierversuche von der Kommission geprüft worden sei oder nicht. Fazit – die begangenen Fehler sind nicht gravierend genug um strafrechtlich verfolgt zu werden. Die Verfahrenskosten gehen zu Lasten des Staates.

20.07.2012: Stellungnahme des Aargauer Departements Gesundheit und Soziales (DGS) zur Strafanzeige, welche die LSCV am 6. Januar 2012 gegen Dr. Erika Wunderlin eingereicht hat. Das DGS bestätigt den Verfahrensfehler, da es sich um einen Versuch mit Schweregrad 2 (schmerzhafte Versuche) gehandelt habe, und die Unrechtmässigkeit des geltenden Reglements. Das DGS erklärt, das Reglement werde derzeit revidiert, um dem Bundesrecht zu entsprechen.

Die Verfahren sind abgeschlossen.