Bestürzt nahmen wir im Herbst 2011 die Nachricht zur Kenntnis, dass China für alle auf seinem Gebiet vertriebenen Kosmetikprodukte die Durchführung von Tierversuchen anordnete. Weshalb fordert dieser Staat Tests, die für den Vertrieb auf den europäischen oder amerikanischen Märkten bereits durchgeführt wurden?

In einem Land, das häufig wegen gesundheitsschädigenden Skandalen von sich reden macht und wo sich nachgeahmte und gefälschte Produkte den Markt teilen, ist dieses Infragestellen internationaler Normen unverständlich, auch in Betracht der irrwitzigen Kosten. Wer bezahlt solche Versuche und welche Tests werden durchgeführt? Diesbezüglich liegen keinerlei Informationen vor. Die gesammelten Elemente lassen aber das Schlimmste erahnen und bestätigen, dass Tierversuche durchgeführt werden.

Glücklicherweise wird China seine Bestimmungen wahrscheinlich demnächst ändern. Dies erfolgt nicht etwa, weil die chinesischen Konsumentinnen und Konsumenten Druck ausüben. Sie haben im Allgemeinen wenig Verständnis für das Schicksal der Tiere. Massgeblich sind vielmehr die hohen Kosten, die mit solchen Tests verbunden sind.
Während in der EU und den meisten Industriestaaten zahlreiche in-vitro- oder in-silico-Verfahren durchgeführt werden, die günstiger und beliebig wiederholbar sind, sind die in-vivo-Tests langwierig und teuer, und auf jeden Fall eine Absurdität. Absurd ist auch der „Fünfjahresplan“, den die chinesischen Behörden vor kurzem erarbeitet haben. Dieser zielt darauf ab, rund ein Dutzend Alternativmethoden anzuwenden, die international bereits als gültig erklärt wurden. Diese Methoden möchte China nun selber anwenden. Die chinesischen Forscher sind jedoch nicht fähig, die Verfahren selber durchzuführen. Im Rahmen eines zweijährigen Ausbildungsmoduls soll ihnen deshalb das notwendige Know-how beigebracht werden.
Um die Kenntnisse zu beschleunigen, sind auf Alternativmethoden spezialisierte Organisationen, wie z.B. die IIVS (Institute for In Vitro Sciences), auf die Chinesischen Behörden zugegangen. Die Zusammenarbeit scheint Früchte zu tragen, da vor Ende 2012 mit der Anerkennung einer ersten Ersatzmethode gerechnet werden darf.

Keine Zulassung chinesischer Kosmetika auf dem europäischen Markt

Eine weitere Tatsache sollte China dazu bewegen, die eigene Politik bezüglich Tierversuche zu überdenken. Gemeint ist ein mögliches Verbot von chinesischen Kosmetikprodukten auf dem europäischen Markt.
Die Europäische Kosmetikrichtlinie verbietet seit 2004 den Import von Kosmetik, die an Tieren getestet wurde. Die Bestimmung gilt auch für Inhaltsstoffe oder die Kombination von Inhaltsstoffen des Produkts. Ausnahmen stellen einzig drei letzte Tests dar, die bis 2013 durchgeführt werden dürfen. Somit ist es wahrscheinlich, dass sich die Lage in China in den nächsten Monaten positiv entwickeln wird.